Chengde ist eine kleine Ortschaft, etwa 250 Kilometer nordöstlich der chinesischen Hauptstadt. Hier befindet sich die bekannte Sommerresidenz aus der Qing-Dynastie.
Der Bau der Anlage dauerte 87 Jahre und ihre Entstehung hängt stark mit dem Lieblingshobby der Kaiser zusammen. Etwa 150 Jahre lang verbrachten die Qing-Kaiser einen großen Teil ihrer Freizeit in der Region Mulan, rund 400 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt, mit der Jagd. Auf der Strecke zwischen Beijing und Mulan wurden insgesamt 19 Paläste für die jagdlustigen Herrscher und deren Begleitung gebaut. Der größte unter ihnen ist der Rehe-Palast, der nicht nur eine Sommerresidenz zur Vergnügung der kaiserlichen Familie war, sondern auch halbjähriger Wohnort der Kaiser für fast 50 Jahre. Neben dem Palast wurden allmählich auch Tempel für das religiöse Leben der kaiserlichen Familie und ihrer Begleitung errichtet.
Nördlich und östlich der Sommerresidenz entstanden während der Regierungszeiten von Qing-Kaiser Kangxi und Qianlong viele prächtige Tempel. Heute sind leider nur noch sieben der ehemals elf Anlagen zu bewundern, alle stehen nun unter Denkmalschutz. Der Stil der Architektur, der Bildhauerei und der Malerei ist beim Bau stark von vier Nationalitäten in China beeinflusst worden - den Han, den Mandschu, den Mongolen und den Tibetern.
Als Qianlong an der Macht war, kam es zweimal zu Aufständen der Dsungaren-Stämme der Mongolen nördlich des Tianshan-Gebirges in Xinjiang. Daraufhin kommandierte die Qing-Regierung 1755 Truppen nach Xinjiang ab, um die Aufstände niederzuwerfen. Zur Feier des Sieges wurde dann im selben Jahr bei Chengde ein Lama-Kloster gebaut - das Puning-Kloster. Der Name "Puning" bedeutet "allgemeiner Friede". Auf Anweisung des Kaisers wurde der Tempel dem Samye-Tempel, einer heiligen Stätte des Lamaismus in Tibet, nachempfunden.
Der Puning-Tempel ist ein großes Kloster im symmetrischen Baustil der Han und der Tibeter. Das 33.000 qm große Kloster ist in einen vorderen und einen hinteren Teil untergliedert. Die Gebäude im vorderen Teil, das Eingangstor, der Glocken- und Trommelturm, die Halle des Himmelskönigs, die Mahavira-Halle sowie die beiden Nebenpalais an der östlichen und westlichen Seite, sind im Baustil der Han-Nationalität gebaut. Die Mahavira-Halle ist das Hauptgebäude des vorderen Teils des Klosters. Dort stehen Kasypa, der Buddha der Vergangenheit, Schakjamuni, der Buddha der Gegenwart und Maitreja, der Buddha der Zukunft. Zu beiden Seiten befinden sich Figuren der 18 Arhats. In der östlichen, nördlichen und westlichen Wand wird das Leben der 18 Arhats und der acht Bodhisattwas in Episoden dargestellt. All diese eindrucksvollen Figuren und Wandgemälde sind noch vollständig erhalten.
Der hintere Teil des Puning-Klosters, der stilistisch dem Samye-Tempel in Tibet nachempfundene Tempel Mantuoluo, ruht auf einem 9 Meter hohen Sockel aus Steinplatten. Das Hauptgebäude ist der Mahajana-Pavillion, der das Symbol für den Sameru-Berg – das Zentrum der buddhistischen Welt ist. Die Buddhisten glauben, dass sich die Sonne und der Mond zu beiden Seiten des Sumeru-Berges um Buddha drehen. Daher steht an der einen Seite des Mahajana-Pavillons eine rechteckige Mondhalle und gegenüber eine Sonnenhalle. Rings um den Pavillon stehen 4 kleine Hallen und 8 weiße, dreistöckige Terrassen verschiedenster Formen, welche nach buddhistischer Überlieferung die vier großen und acht kleinen Kontinente symbolisieren. An jeder Ecke des Pavillons steht eine Lama-Pagode, die vier Entwicklungsphasen von Buddha verkörpernd. Die südöstliche Pagode ist rot bemalt und mit Lotusblumen, Symbol für die Geburt Buddhas, versehen. Die nordöstliche Pagode wurde schwarz bemalt, was für die Erkenntnis Buddhas steht, die nordwestliche ist weiß und symbolisiert seine erste Predigt und die südwestliche symbolisiert durch ihr Grün das Nirwana. Im Südosten der Tempelanlage liegt ein rechteckiger Hof, wo die Kaiser bei ihren Besuchen Rast machten. Im Südwesten befindet sich ein weiterer Hof. Hier hörten die Gläubigen Predigten des "lebenden Buddhas".
Der dreistöckige Mahajana-Pavillon ist mit seinen 37 Metern einer der höchsten Holzpavillons in China. In dem von Wandelgängen umgebenen Hof stehen Holzskulpturen des Bodhisattwa Awalokiteschwara und dessen Schülern Sudhana und Naga. In Wandnischen stehen 10.090 Buddhafiguren, jede ist etwa 10 cm groß, aus Ton gefertigt und mit Gold überzogen. In den Wandelgängen und im hinteren Teil des Pavillons gibt es noch acht kleine hölzerne Lama-Pagoden und 5 Amitabha-Statuen aus Holz. Sie stehen für Figuren aus verschiedenen buddhistischen Geschichten und Legenden. Die
Awalokiteschwara-Statue ist 22 Meter hoch, hat einen Hüftumfang von 15 Metern und ein Gewicht von mehr als 120 Tonnen. Sie hat 42 Arme und unzählige Augen, weshalb sie den Namen "Awalokiteschwara mit tausend Armen und Augen" trägt. Es ist eine der größten hölzernen Buddha-Stauen der Welt. In den Händen hält sie die Sonne, den Mond, eine Stola, eine Glocke und einen Stößel. Auf dem Kopf dieser Statue steht eine weitere – der 1,20 Meter große Buddha Amitabha, der Lehrer von Awalokiteschwara.
Dass innerhalb einer Tempelanlage sowohl der Baustil der Han-Chinesen als auch architektonische Elemente der nationalen Minderheiten zu finden sind, ist sehr selten in China. Anlass für den Bau des Klosters war die Freudenfeier über den Sieg gegen die abtrünnigen mongolischen Stämme. Diese ideale Gelegenheit nutzte der Kaiser um seinen Wunsch der Solidarität gegenüber allen Nationalitäten deutlich zu machen und um seine Großzügigkeit zu präsentieren.
In der Qing-Zeit fanden jedes Jahr zum Jahreswechsel nach dem Mondkalender buddhistische Veranstaltungen statt. Lamas aus den anderen 8 äußeren Tempeln strömten in das Puning-Kloster, um dort buddhistische Tanzdarbietungen zu präsentieren.
In Chengde herrscht kontinentales Monsunklima, doch durch die hohen Berge nördlich der Stadt fallen die Sommer nicht allzu heiß und die Winter nicht allzu kalt aus. Die beste Zeit für eine Chengde-Reise ist von Anfang Mai bis Juni und Anfang September bis Oktober. In diesem Zeitraum ist das Wetter ideal, um die Sommerresidenz von ihrer schönsten Seite kennen zu lernen. Man kann dadurch auch der touristischen Hochsaison ausweichen.
Chengde ist im Vergleich zu den Metropolen Chinas eine kleine Ortschaft, doch dank seiner geographischen Nähe zu Beijing sind die Verkehrsverbindungen mit anderen Teilen des Landes perfekt. Sie können sehr bequem von Beijing aus mit dem Zug nach Chengde fahren. Wir empfehlen Ihnen den Zug Nummer K 709, er verlässt Beijing morgens um 7 Uhr 20 und kommt gegen 11 Uhr in Chengde an.
(CRI/China.org.cn, 7. Januar 2005)
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